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Eine Ära geht zu Ende: Letzte Deutsche Meisterschaft im Kreuzheben in Randersacker

Atlethen der Viecherschmiede können auftrumpfen

Gachenbach/Randersacker – Es war ein Wochenende voller Emotionen, Erinnerungen und schwerer Gewichte: Mit der Deutschen Meisterschaft im Kreuzheben fand am vergangenen Wochenende nicht nur ein sportliches Highlight statt, sondern auch ein bedeutendes Kapitel im deutschen Kraftsport sein Ende.

Randersacker, seit jeher fester Bestandteil der Kreuzheber-Szene, präsentierte sich einmal mehr als großartiger Gastgeber. Doch dieses Mal lag ein Hauch von Wehmut in der Luft. Nach 20 Jahren wird die Deutsche Meisterschaft im Kreuzheben nicht mehr ausgetragen – ein traditionsreicher Wettbewerb verabschiedet sich von der nationalen Bühne. Schweiß, Herzblut, Schmerz und Triumph. Und mittendrin: die Athletinnen und Athleten der Viecherschmiede, die ein letztes Mal auf der ganz großen Bühne glänzten.

Kein Ort hätte sich besser für diesen Abschied geeignet als Randersacker, wo 2006 die allererste DM im Kreuzheben ausgetragen wurde. Nun, zwei Jahrzehnte später, war es erneut der Austragungsort – dieses Mal für die letzte Meisterschaft ihrer Art. Über 200 Athletinnen und Athleten aus ganz Deutschland waren angereist, um gemeinsam die Geschichte des Kreuzhebens zu ehren – und ein letztes Mal um Edelmetall zu kämpfen.

Für die Viecherschmiede war es ein doppelter Abschied. Robert Robeis Altersklasse III bis 83 kg, ein Urgestein des Kraftdreikampfes und Teilnehmer der ersten Deutschen Meisterschaft im Kreuzheben 2006, trat ein letztes Mal an die Hantel. Schon allein seine Teilnahme war ein bewegender Moment – doch dass er sich am Ende auch noch den 2. Platz mit 160 kg sichern konnte, war ein perfekter Abschluss einer eindrucksvollen Karriere. Zwar wurde sein dritter Versuch über 170 kg nicht gültig gegeben, doch das schmälerte nicht die Leistung – im Gegenteil: Alle Mitgereisten „Viecher“ und deren Anhänger zollten Robeis den größten Respekt, den er sich über Jahre hart erarbeitet hatte.

Mit diesem Wettkampf verabschiedet sich Robert Robeis nicht nur von der Deutschen Meisterschaft, sondern auch ganz offiziell von der aktiven Wettkampfbühne. Seine Entscheidung stand fest – doch dass dieser letzte Auftritt mit Edelmetall gekrönt wurde, macht den Abschied umso schöner.

Wir sagen: Danke, Robert! Für unzählige spannende Wettkämpfe, für dein Engagement, für deinen Sportsgeist und für deinen Einsatz über all die Jahre. Auch wenn du künftig nicht mehr an der Hantel stehst, bleibst du dem Sport als Kampfrichter und wichtiger Teil der Powerlifting-Community erhalten.

Michael Regel (AK III bis 93 kg) stand in seiner Gruppe nichts nach, trotz gesundheitlicher Abgeschlagenheit ließ sich der erfahrene Athlet nicht aus der Ruhe bringen. Drei gültige Versuche, starke Technik, eiserner Fokus – 227,5 kg im dritten Versuch bedeuteten am Ende den Meistertitel. Eine souveräne Vorstellung und ein würdiger Abschied von der Bühne der Deutschen Meisterschaften.

In der AK I bis 105 kg wurde es taktisch: Alessandro Corvaglia trat in einer extrem starken Gruppe an – die Leistungsdichte war hoch, jeder Versuch zählte. Und Corvaglia hielt mit. Bis zum dramatischen dritten Versuch: Bei einem mutigen Zug verlor er das Gleichgewicht und stürzte nach hinten – eine Schrecksekunde, die aber glücklicherweise glimpflich verlief. Abgesehen von einer Schürfwunde am Arm war der Wettkampf für ihn ein Erfolg. Platz 5 in dieser starken Gruppe – und vor allem: ein zufriedenstellendes Ende für einen Athleten, der alles gegeben hat.

Zum Abschluss des Samstags betrat Laurenz Sendlbeck in der Juniorenklasse bis 93 kg die Plattform – mit einer bemerkenswerten Ruhe und Entschlossenheit. Und er lieferte ab: 260 kg im dritten Versuch und der 3. Platz in einer bärenstarken Gruppe junger Talente. Von Laurenz wird man mit Sicherheit noch hören – die Zukunft des Powerliftings ist in guten Händen.

Am Sonntagmorgen hieß es dann: Die Plattform gehört euch, Ladies! Und was die Frauen zeigten, war Powerlifting vom Feinsten.

Den Auftakt machte Petra Robeis (AK II bis 76 kg). Trotz gesundheitlicher Probleme in den vergangenen Monaten wollte sie ihren letzten Kreuzhebewettkampf mit einer Medaille krönen – und das gelang ihr eindrucksvoll: 120 kg bedeuteten den 1. Platz in ihrer Gruppe. Zwar war dies ihr letzter Wettkampf im Kreuzheben, doch ein letztes Mal werden wir Petra in zwei Wochen bei der DM im Bankdrücken auf der Bühne erleben dürfen. Bis dahin: Chapeau und Danke, Petra!

Wenn Mercyline Göttermann die Plattform betritt, hält die Halle den Atem an. In der AK I ab 84 kg gilt sie nicht umsonst als “Kreuzhebequeen” – und das stellte sie auch diesmal unter Beweis. Mit 190 kg im zweiten Versuch sicherte sie sich souverän den Titel. Im dritten Versuch griff sie sogar die magischen 200 kg an – der Zug war stark, doch der Lockout fehlte minimal. Mit einer Erkältung in den Knochen war es an diesem Tag nicht drin – aber wir wissen: Die Marke der magischen 200 kg fällt in naher Zukunft. Und durch ihren überraschenden 2. Platz in der Relativwertung ihrer Gruppe war der gescheiterte 3. Versuch gleich vergessen.

Zum Abschluss bei den Damen wurde es noch einmal dramatisch: Sarah Widmann, in der Gruppe der Aktiven bis 76 kg, lieferte sich ein wahres Taktik-Duell. Nach einem sauberen zweiten Versuch über 170 kg kam es bitter: Sie zog sich eine Handverletzung zu – doch Aufgeben ist für Powerlifter keine Option. Mit offener Hand stellte sie sich dem dritten Versuch – 175 kg, die eigentlich drin gewesen wären. Doch diesmal war die Hand stärker als der Wille. Am Ende reichte es dennoch zur Silbermedaille, eine Leistung, die höchsten Respekt verdient.

Am späten Nachmittag kamen dann die „schweren Jungs“ zum Zug. Andreas Kastner (Aktive bis 74 kg) hatte sich viel vorgenommen – und das war in jedem Versuch zu spüren. Mit 242,5 kg im ersten Versuch setzte er ein deutliches Ausrufezeichen. Doch Kastner wollte mehr – viel mehr. Die Steigerung auf 270 kg im dritten Versuch war ein Statement, ein Angriff auf die persönliche Bestmarke.

Was dann folgte, sorgte für Diskussionen: Trotz sichtbarem Zug und aufrechter Haltung wurde der Versuch von den Kampfrichtern nicht gegeben. Kastner, sichtlich enttäuscht, nahm zwar Gold mit nach Hause, doch die Enttäuschung überwog. Sein Blick geht nach vorn: Bavaria Cup in Landshut 2026 – dort sollen die 270 kg nicht nur fallen, sondern gültig gemacht werden. Und eines ist sicher: Kastner wird bereit sein.

In der Klasse Aktive bis 105 kg wartete eine besonders enge Gruppe – elf Athleten, ein starkes Leistungsfeld, das jeden Versuch zu einem kleinen Finale machte. Benedikt Hermansdorfer zeigte sich davon unbeeindruckt. Drei starke und technisch saubere Versuche, gekrönt von 285 kg im dritten, waren das Ergebnis eines hervorragend vorbereiteten Wettkampftages. Der Lohn: Platz 5 – und das nur wegen des höheren Körpergewichts gegenüber dem viertplatzierten. In solch einer Gruppe ein solches Ergebnis zu holen, ist aller Ehren wert. Ein Wettkampf mit Charakter, Klasse und ganz viel Herz.

Den krönenden Abschluss des Wochenendes lieferte Dominic Wetekam in der Klasse Aktive bis 120 kg. Hier wurde nicht einfach gehoben – hier wurde taktisch gefeilscht um jedes Kilo. Zwischen Bronze und Rang 4 lagen nur 2,5 kg – es war das sportliche Äquivalent zu einem Schachspiel mit Eisen. Wetekam, selbst Kadertrainer in Österreich, wusste, wie wichtig der erste Versuch ist: 285 kg zum Einstieg, solide und souverän. Im dritten Versuch dann die Steigerung auf 312,5 kg – ein Gewicht, das in etwa einem großen Klavier entspricht. Der Lift? Stabil. Mächtig. Beeindruckend. Damit katapultierte sich Wetekam unter die Top-Lifter des Tages – und bewies einmal mehr, dass er nicht nur coachen, sondern auch selbst abliefern kann.

Was dieses Wochenende in Randersacker aber so besonders machte, war nicht nur die sportliche Leistung, sondern die Atmosphäre. Trotz aller Konkurrenz standen die Athletinnen und Athleten füreinander ein. Es wurde angefeuert, geholfen, motiviert – egal, welches Vereinslogo auf dem Rücken stand.

Ein großes Dankeschön geht an den SG Randersacker, der nach 20 Jahren noch einmal bewiesen hat, was gute Gastgeber ausmacht: Herzblut, Organisationstalent und Leidenschaft für den Sport. Die Meisterschaft war ein würdiger Abschluss dieser Ära.

Doch das Sportjahr ist noch nicht vorbei. In 14 Tagen steht die Deutsche Meisterschaft im Bankdrücken an – der vorletzte Wettbewerb des Jahres. Viele der Gesichter aus Randersacker werden auch dort wieder antreten, noch einmal alles geben – und das Publikum begeistern.

Die Bühne mag sich verändern, aber der Geist bleibt: Echte Stärke hebt man nicht nur mit den Armen – sondern mit dem Herzen.

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